Redebeitrag zum Spaziergang am 06.03.2023

Einen schönen guten Abend - zu einem unschönen Thema heute: was die Kriegsrhetorik anbetrifft, wird es immer schlimmer mit den Einlassungen seitens der Politik und auch der Medien in Deutschland und auch international.

Am 15.01.2023 veröffentlichten die Deutschen Wirtschafts Nachrichten einen Beitrag mit dem Titel "Zeitenwende unter Scholz: Deutschland soll Krieg in der Ukraine gewinnen".1 Schon die Überschrift ist atemberaubend, denn daraus geht Deutschland eindeutig als Kriegspartei hervor. Der Artikel selbst beleuchtet die kriegerischen Tendenzen in Medien und Politik eher kritisch. Unter Anderem wird in diesem Artikel Nikolas Blome zitiert, der im Spiegel Online schrieb: „Am 6. Januar ist Deutschland in den ukrainisch-russischen Krieg eingetreten, es ist ein Stellvertreterkrieg. Die Ukraine muss ihn gewinnen, oder (auch) Deutschland wird ihn verlieren“. Eine klare Aussage, die Deutschland als aktive Kriegspartei definiert. Offensichtlich soll durch die mediale Berichterstattung die Bevölkerung auf eine direkte kriegerische Konfrontation mit Russland eingestimmt werden. Diese Medienkampagne gipfelte in der Titelzeile "Ich wünsche mir einen totalen Sieg" eines Artikels in ZEIT online im Februar dieses Jahres.2 Die Ähnlichkeit der Formulierung vom "totalen Sieg" mit den Worten aus Goebbels Rede im Sportpalast am 18.02.1943 vom "totalen Krieg" ist kaum zu übersehen.

In einer Kolumne der Zeitschrift Capital ist am 20.02.2023 unter der Überschrift "Die Industrie entscheidet den Krieg" zu lesen: "(...)Auch unsere Industrie muss sich auf den Krieg umstellen". Im Weiteren wird der zunehmende Mangel an Munition für die Waffen der Ukrainer als Problem skizziert und fast erleichtert erwähnt: "Rheinmetall fährt jetzt wenigstens eine Produktionslinie hoch für die Versorgung des Flugabwehrpanzers Gepard, der in der Ukraine unersetzbar ist für die Verteidigung gegen den russischen Dauerbeschuss mit Raketen und Drohnen." Am Ende des Artikels wird dann behauptet, wenn die Ukraine den Krieg verliere, "(...)hätten wir es dann mit einer direkten russischen Bedrohung der NATO zu tun."3 Das steht in einem krassen Widerspruch zu der Einschätzung der Bundeswehr selbst. So sagt der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn am 03.03.2023 im YouTube-Format "Nachgefragt" der Bundeswehr: "Ich kann definitiv sagen, dass wir zurzeit keine Anzeichen haben, gar keine Anzeichen haben, dass die russischen Streitkräfte in irgendeiner Form NATO-Territorium oder NATO-Länder angreifen wollen. Es gibt dazu keine Vorbereitungen, die wir erkennen." Weiter erwähnt er allerdings: "Insofern also wird der Übungsbetrieb auch hier zu Hause zunehmen. Da werden wir über dem deutschen Himmel 200 Kampfflugzeuge haben, 100 allein aus den USA, 100 von europäischen Partnern, die dort über 14 Tage Luftwaffenübungen verschiedenster Art im deutschen Luftraum üben werden. Also wir werden auch hier eine deutlich stärkere Zunahme und Sichtbarkeit von Übungen in Deutschland insgesamt haben. Am Boden, zur See, aber auch in der Luft."4 Das lässt nichts Gutes erahnen.

Des Weiteren wird in dem vorhin schon zitierten Artikel der Deutschen Wirtschafts Nachrichten etwas zu den Militärausgaben Deutschlands berichtet: "(...)Deutschland [investiert] bereits mehr als zwei Prozent des BIP in seine Streitkräfte, wenn man indirekte und in anderen Haushaltsposten versteckte Verteidigungsbudgets miteinbezieht. Deutschlands Militärausgaben nach NATO-Kriterien sind dadurch etwa zehn Prozent höher als der offizielle Verteidigungsetat (2020: 45,2 Milliarden Euro).
Zur Verdeutlichung: Das sind pro Tag circa 124 Millionen Euro. Seit 2014 sind Deutschlands Rüstungsausgaben um 50 Prozent gestiegen. Weltweit hat kein Land seine Rüstungsausgaben prozentual stärker erhöht, wie aus dem SIPRI-Jahresbericht hervorgeht. Mit rund 50 Milliarden Dollar liegt Deutschland bei den Militärausgaben innerhalb der NATO hinter den USA und Großbritannien auf Platz drei – und damit noch vor der Atommacht Frankreich."5

Eine der neuesten Meldungen (von vor zwei Tagen) ist, dass der Rüstungskonzern Rheinmetall ein Panzerwerk in der Ukraine bauen will. n-tv zitiert hierzu Armin Papperger, den Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall: "Für rund 200 Millionen Euro kann ein Rheinmetall-Werk in der Ukraine aufgebaut werden, das jährlich bis zu 400 Panther produziert. Die Gespräche mit der dortigen Regierung sind vielversprechend, und ich hoffe auf eine Entscheidung in den nächsten zwei Monaten".6 Das ist wirklich Besorgnis erregend. Dabei wird es voraussichtlich nicht bleiben, wenn man die neuesten Aussagen seitens der EU-Präsidentin Roberta Metsola liest: „Die Mitgliedstaaten sollten ernsthaft erwägen, Kampfflugzeuge in die Ukraine zu schicken“, sagte Metsola am Samstag am Rande eines Besuchs in der westukrainischen Großstadt Lwiw. Auch der lettische Ministerpräsident macht sich stark für die Lieferung von Kampfjets. So wird er zitiert mit der Aussage: "Ich sehe nicht, weshalb der Westen keine Kampfjets liefern sollte. Wenn die Ukrainer Kampfflugzeuge benötigen, sollten sie sie bekommen" und weiter "Die Lieferung von Kampfflugzeugen ist nur noch eine Frage der Zeit".7

Ich möchte zu diesem Thema noch ein Zitat hinzufügen. Es stammt aus einem Aufruf, den namhafte Personen aus Politik und Gesellschaft unterzeichnet haben. Unterzeichnet haben den Text unter anderem die ehemaligen Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Eberhard Diepgen und  Manfred Stolpe, der ehemalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel und der Schauspieler Mario Adorf. Ein Zitat, welches auf die Rolle der Medien im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise aufmerksam macht: "Wir appellieren an die Medien, ihrer Pflicht zur vorurteilsfreien Berichterstattung überzeugender nachzukommen als bisher. Leitartikler und Kommentatoren dämonisieren ganze Völker, ohne deren Geschichte ausreichend zu würdigen. Jeder außenpolitisch versierte Journalist wird die Furcht der Russen verstehen, seit NATO-Mitglieder 2008 Georgien und die Ukraine einluden, Mitglieder im Bündnis zu werden. Es geht nicht um Putin. Staatenlenker kommen und gehen. Es geht um Europa. Es geht darum, den Menschen wieder die Angst vor Krieg zu nehmen. Dazu kann eine verantwortungsvolle, auf soliden Recherchen basierende Berichterstattung eine Menge beitragen." Man mag es nicht glauben, aber dieser Text ist echt und wurde von der ZEIT veröffentlicht. Verfasst wurde er unter Anderem von Roman Herzog, Antje Vollmer, Wim Wenders und Gerhard Schröder. Er stammt allerdings von Dezember 2014.8

Wir steuern auf finstere Zeiten zu und ich bin heute hier, um wenigstens meine Stimme gegen diese Kriegstreiberei zu erheben. Ich bin auch allen, die heute gekommen sind, dankbar, denn ohne Euch würde ich mich doch recht alleine fühlen.

Ganz kurz möchte ich zum Abschluss noch eine kritische Analyse des Gesundheitssystems aus dem Jahre 2002 erwähnen, denn die üblen Machenschaften der Pharmaindustrie waren ja auch der Startschuss für unsere Montagsspaziergänge in Essen vor etwas mehr als einem Jahr. Der Titel dieser Analyse von Klaus Dörner war "In der Fortschrittsfalle". Eine wesentliche These darin ist "Gesunde werden zu Kranken definiert und behandelt" und den Grund sieht der Autor in unserem marktwirtschaftlichen System, in den die Medizin eingebunden ist. So schreibt er: "Der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte. Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch-physikalisch als auch psychisch für von Experten therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um „gesund leben“ zu können."9 Dies erklärt so manches, was wir dann in der so genannten Corona-Krise erlebt haben.

Lasst uns also eintreten für eine Abkehr von der ausschließlich auf pharmazeutische Produkte fokussierten Medizin zu einer ganzheitlichen Medizin, die die Gesundung des Menschen im Blick hat und nicht die Profite von Konzernen. Und lasst uns heute besonders unsere Stimme erheben gegen diesen Kriegs- und Rüstungswahn, der um sich greift, einher gehend mit einer immer stärkeren Militarisierung unserer Gesellschaft.

Für den Frieden!

Danke für die Aufmerksamkeit

Quellen:

1. Zeitenwende unter Scholz: Deutschland soll Krieg in der Ukraine gewinnen Deutsche Wirtschafts Nachrichten
2. Ich wünsche mir einen totalen Sieg ZEIT online
3. Die Industrie entscheidet den Krieg Capital
4. Nachgefragt: Höchster Bundeswehr-General zum Krieg in der Ukraine Bundeswehr
5. Zeitenwende unter Scholz: Deutschland soll Krieg in der Ukraine gewinnen Deutsche Wirtschafts Nachrichten
6. Rheinmetall will Panzerwerk in der Ukraine bauen n-tv
7. EU-Parlamentspräsidentin fordert, Lieferung von Kampfjets ernsthaft zu erwägen WELT
8. Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen! ZEIT online
9. Klaus Dörner: 'In der Fortschrittsfalle' als PDF aerzteblatt.de